Treten weitere Risiken auf kann das Medikament auch sofort abgesetzt werden
Kortison erhöht bei Lungenkranken das Thrombose-Risiko
Kortison-Medikamente spielen in der Therapie von Asthma und COPD eine wichtige Rolle. Gerade bei akuten Krisen werden Glucocorticoide als Tablette oder Spray gern eingesetzt. Sie sind nicht frei von Nebenwirkungen, aber diese sind weitgehend bekannt und sie verschwinden zuverlässig, sobald die Medikamente abgesetzt werden. Wenig beachtet wurde jedoch bisher das Risiko eine Venenthrombose (venöse Thromboembolie, VTE), im schlimmsten Fall eine Lungenembolie, zu erleiden.
Ein Forscherteam um Dr. Sigrún Alba Jóhannesdóttir vom Universitätsklinikum Aarhus (Dänemark) verglichen die Daten von 38.765 Patienten, die zwischen 2005 und 2011 mit einer VTE in ein Krankenhaus eingeliefert wurden. Sie unterteilten die Patienten in drei Kortison-Kategorien:
- In den letzten drei Monaten vor der VTE mit Kortison behandelt
- Im Zeitraum vor mehr als drei Monaten bis zu einem Jahr vor der VTE mit Kortison behandelt
- Die letzte Kortisonbehandlung liegt länger als ein Jahr zurück
Bei Patienten der ersten Kategorie wurde zudem darauf geachtet, ob sie erstmals mit Kortison behandelt wurden oder ob sie schon seit längerem (dauerhaft) Kortison einnahmen.
Die Ergebnisse zeigen einen deutlichen Unterschied der VTE-Risikos zwischen der Einnahme von Kortison-Tabletten (systhemische Anwendung) zur Dauertherapie und der örtlichen Akuttherapie mit Kortison-Sprays. Die Dauertherapie führt zu fast drei mal so vielen zusätzlichen VTE-Krankenhauseinweisungen wie die Akuttherapie (11 zusätzliche Fälle pro 1000 Einwohner gegenüber 4 zusätzlichen Fällen).
Bemerkenswert war auch das sich mit der Zeit schnell abbauende VTE-Langzeitrisiko durch Kortison. Bei Erstanwendern war das Risiko um das dreifache erhöht, bei den kortisonerfahrenen Patienten der ersten Kategorie immerhin noch um den Faktor 2,02. Die erste Kategorie trug insgesamt ein um den Faktor 2,31 erhöhtes Risiko. Patienten der zweiten Kategorie mussten mit einer Steigerung ihres VTE-Risikos um den Faktor 1,18 leben. Bei den Patienten der dritten Kategorie war kein erhöhtes Risiko mehr feststellbar.
Dieser zügige Abbau des VTE-Risikos nach dem Absetzen von Kortison ist im Sommer von besonderer Bedeutung. Die Hitze und Schwüle verstärkt die Thrombosegefahr, Krampfadern treten deutlich sichtbar hervor. In den geweiteten Adern fällt der Blutdruck, durch den hohen Flüssigkeitsverlust wird das Blut dickflüssig. In Blutgefäßen, die durch Arteriosklerose an Elastizität eingebüßt haben oder deren Durchmesser dadurch reduziert wurde, können Infarkte auftreten. Ebenso können sich Tromben (Aderverschlüsse) lösen und Embolien hervorrufen.
Für Menschen mit Atemwegserkrankungen resultiert daraus die Wahl zwischen zwei Übeln. Die reduzierte Sauerstoffkonzentration in schwülwarmer Atemluft* und die Kreislaufbelastung bei hoher gefühlter Temperatur kann bei COPD-Patienten eine Krise auslösen. Hochdosiertes Kortison (20-40 mg/Tag) für gut zwei Wochen ist dann oft die richtige Reaktion. Prof. Dr. Adrian Gillissen vom Klinikum Kassel weißt darauf hin, dass es keineswegs notwendig sei, das Kortison langsam auszuschleichen. Ein abrupter Stopp der Therapie schadet den Patienten nicht – reduziert aber möglicherweise das VTE-Risiko vorzeitig. Auch für Asthma-Patienten ist die Kortison-Therapie ein bewährter Helfer in der Krise, nur genügen hier zumeist Akutmaßnahmen (Spray) oder eine kurze Intervention von fünf Tagen. Auch hier bewirkte ein abruptes Ende der Kortisoneinnahme keine negativen Folgen für die Patienten.
Auch wenn Kortisontherapien offensichtlich deutlich abgekürzt oder auch einmal unterbrochen werden können, wichtig ist das angemessene Verhalten der Patienten um zusätzliche VTE-Risiken zu vermeiden. Notwendig ist in erster Linie eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme. Bei trocken-heißem Wetter sollte mindestens 3,5 Liter Wasser pro Tag getrunken werden. Ob dies als Mineralwasser, Tee, Kaffee oder Fruchtsaftschorle erfolgt, ist ohne Bedeutung, nur Alkohol sollte gemieden werden. Die berauschende Wirkung ist bei solchem Wetter enorm, aber auch der blutdrucksteigernde Effekt. Für Menschen mit erhöhtem VTE-Risiko ist das eine zusätzliche Gesundheitsgefahr.
* Je wärmer die Luft ist, um so größer ist der Abstand zwischen den Luftmolekülen. Je m3 Atemluft ist demnach weniger O2 enthalten als in kühlerer Luft. Bei Schwüle werden die O2-Moleküle auch noch von Wasserdampf verdrängt.
Quellen: Johannesdottir, S.A. et al. (2013): Use of Glucocorticoids and risk of Venous Thromboembolism: A nationwide Population-Based Case-Control Study. Journal of the Americam Medical Assocciation, JAMA Internal Medicine 173(9): 743-753. doi: 10.1001/jamainternmed.2013.122 Gillissen, A. (2013), zitiert in: Nach Exazerbation von COPD und Asthma - Wie setzt man Steroide wieder ab? Münchner Medizinische Wochenschrift, MMW-Fortschritte in der Medizin 155(12): 20 Westermann, H. (2013): Schwüle verstärkt das Thrombose-Risiko. Artikel auf Menschenswetter vom 2. Juli 2013
Erstellt am 2. Juli 2013
Zuletzt aktualisiert am 7. Mai 2014

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