In reichen Ländern leiden mehr Menschen unter depressiven Episoden als in ärmeren.

Gesellschaftlicher Wohlstand fördert Depressionen

von Holger Westermann

Weltweit sind rund 121 Millionen Menschen betroffen. Insbesondere Frauen leiden unter depressiven Episoden (MDE, major depressive Episode). Sie klagen doppelt so oft wie Männer über die charakteristischen Symptome: Mangelndes Selbstbewusstsein, nachlassende Konzentrations- und Motivationsfähigkeit, schlechter oder gar keinen Schlaf, Appetitlosigkeit und permanente Traurigkeit.

Auf der Grundlage von Gesprächen mit über 89.000 Menschen aus 18 Ländern fanden die Wissenschaftler erstaunliche Details zur Verbreitung der Erkrankung heraus. So sind zum Beispiel die Menschen in Ländern mit hohem Einkommen (Deutschland, Frankreich, Belgien, Israel, Italien, Holland, Japan, Neuseeland, Spanien und die USA ) stärker betroffen als mit geringen oder mittleren Durchschnittseinkommen (Südafrika, Brasilien, Mexiko, China, die Ukraine und Indien). In den einkommensstarken Ländern wurde bei 15 Prozent der Menschen eine MDE-Vorbelastung diagnostiziert, während es unter den finanziell schlechteren Bedingungen nur 11 Prozent waren.

Besonders hoch war der Wert in Frankreich, den Niederlanden und den USA, gut 30 Prozent klagten über eine bereits durchlittene MDE. Mit nur 12 Prozent fiel der Anteil in China besonders niedrig aus. Kulturelle Unterschiede, insbesondere die Betonung der Individualität auf der einen und des Aufgehens im Kollektiv auf der anderen Seite mögen hier wirksam sein.

Existenzielle Not ist keine gute Voraussetzung für eine erfolgreiche MDE-Therapie.

Kulturübergreifend konnten die Hauptursachen für MDE identifiziert werden: Der Verlust des Lebenspartners durch Trennung oder Tod. Auch andere Schicksalsschläge oder nicht verarbeitet Konflikte können sich in Depressionen ausdrücken. In den Industrienationen wird die ständige Überlastung und Überforderung im Beruf zur wachsende Bedrohung für die Psyche der Menschen. MDE und Burnout verstärken sich wechselseitig. Nicht selten ist der Verlust des Arbeitsplatzes die Folge. Doch nur in wenigen Ländern erhalten die Betroffenen neben einer fachkundigen Therapie und auch hinreichende wirtschaftliche Sicherheit. Hier besteht noch erheblicher Nachholbedarf – sowohl in den ärmeren wie in den reichen Ländern.

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Quellen: Bromet, E. et al. (2011): Cross-national epidemiology of DSM-IV major depressive episode. BMC Medicine 9: 90

Erstellt am 26. Juli 2011
Zuletzt aktualisiert am 26. Juli 2011

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