Wetter

Vorgezogener Vorfrühling statt Spätwinter

von Holger Westermann

Krokus

In Mitteleuropa ist trockenkalte Witterung typisch für den Winterausklang. Doch heuer (in diesem Jahr) bleibt es bei einer zarten Andeutung. Die Großwetterlage sabotiert wesentliche Voraussetzungen für lange Wintertage und protegiert den vorzeitigen Frühlingsbeginn.

Inzwischen sind die lichten Tage schon wieder gut zwei Stunden länger als zur Wintersonnenwende. Während die Veränderung zur Weihnachtszeit noch unmerklich langsam verlief, schwindet die Nachtdunkelheit derzeit täglich um rund 4 Minuten. Die Sonne geht später unter und steht zur Mittagszeit schon wieder hoch am Himmel. Tageslicht und Wärme verbessern bei vielen Menschen spürbar die allgemeine Stimmung. Beim Spaziergang in der Sonne ist der Wintermantel oftmals schon zu warm.

Länge des lichten Tages und Sonnenstand beflügeln nicht nur die Gute Laune, sondern beeinflussen auch das Wetter. Dauer und Intensität der Sonnenstrahlung nimmt zu, es wird sukzessive wieder wärmer: Die Wahrscheinlichkeit für kalte Wintertage schrumpft.

In Mitteleuropa beginnt der Spätwinter Mitte Februar zumeist mit einer Ostwetterlage. Ein Hoch (Luftströmung mit dem Uhrzeigersinn) über Finnland oder Nordrussland führt sehr trockene und kalte Festlandsluft heran. Während der immer noch recht langen Nächte kühlt die Luft bei sternklarem Himmel über schneebedeckten Landschaften stark aus. So charakterisiert diese Winterphase oft eine lang anhaltende Kälteperiode. In weiten Landschaften kann Nachtfrost mit unter -10°C auftreten. Tagsüber wird es dann aufgrund der Sonnenstrahlung rasch wärmer als +10°C, so dass ein Tagestemperaturgang von 20°C möglich ist. An den deutschen Küsten ist der Spätwinter oftmals die kälteste Jahreszeit, da Nord- und Ostsee nun ausgekühlt sind und nicht mehr als Wärmflasche fungieren.

Dieser Witterungsregelfall (Singularität) stellt sich normalerweise zwischen dem 14. und 20. Februar ein. Doch dieses Jahr sind nur die Gipfel der Mittelgebirge und die Hochlagen der Alpen schneebedeckt. In niedrigen Lagen regnet es, dazu fegt kräftiger Wind über die Landschaft. Keine stabile Hochdruckwetterlage, sondern in rascher Folge heranziehende Tiefdruckgebiete bestimmen heuer hierzulande das Februarwetter.

So bleibt es bei mildem Frost, wenn sich an der Rückseite ostwärts vorbeiziehender Tiefdruckgebiete (Luftströmung entgegen dem Uhrzeigersinn) polare Kaltluft weit nach Mitteleuropa herein schiebt. Typischer Spätwinter ist das nicht eher ein vorgezogener Vorfrühling. Glücklicherweise haben die Meteorologen diese phänologische Phase (Jahreszeit nach Naturphänomenen) ebenfalls auf Mitte Februar bis Mitte März terminiert.

Der milde Winter bewirkte bei vielen Pflanzen einen frühzeitigen Beginn der Blüte. Haseln verteilten bereits zur Adventszeit ihren Pollen (erste Meldung der Saison am 05.12.2015). Menschen, die darauf sensibel oder gar allergisch reagieren durchleiden gerade die zweite Welle. Zum Trost: Die Haselblüte ebbt bereits ab; rund drei Wochen früher als in einem Durchschnittsjahr.

Auch Erlenpollen sind bereits in der Luft. Durch die Stürme der letzten Wochen wurden sie bereits gut ausgeschüttelt. Auch hier hat der frühzeitige Beginn der Blütensaison die Belastung für sensible Menschen gesenkt. Der Kontakt zur frischen Luft im Freien, die mit reizenden Pollen angereichert war, konzentrierte sich auf eine stürmische Schlechtwetterphase in der ohnehin niemand spazieren gehen wollte oder die Fenster zum Lüften öffnete.

Da in den kommenden Tagen die Tagesmitteltemperatur deutlich unter +5°C fällt, stoppt das Pflanzenwachstum und damit der Pollenflug. Der Vorfrühling pausiert und Menschen mit allergischen Atemwegsbeschwerden können auf eine kühle Woche mit wenig Beschwerden hoffen. Je nach Region unterstützen Schnee oder Regen die Linderung. Sie waschen den Pollen aus der Atemluft.

Quellen:

Westermann, H. (2012): Phänologie, der natürliche Klimamesswert. Menschenswetter Artikel 225, online veröffentlicht am 10.03.2012

Westermann, H. (2015): Phänologische Verwirrung. Menschenswetter Artikel 1338, online veröffentlicht am 27.12.2015

Dipl.-Met. Christoph Hartmann: Kommt der "Spätwinter" auch dieses Jahr? Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 13.02.2016

Dipl.-Met. Christoph Hartmann: Endlich eine Woche Ruhe für die Pollenallergiker. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 14.02.2016

Erstellt am 14. Februar 2016
Zuletzt aktualisiert am 14. Februar 2016

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