Bei schmerzhafter Entzündung der Schläfenarterien droht Infarkt
Windpocken-Viren können Kopfschmerzen verursachen
Wenn ältere Menschen plötzlich über bisher unbekannte Kopfschmerzen und Sehstörungen klagen, ist das ein ernstzunehmendes Alarmzeichen. Womöglich etabliert sich eine Riesenzellarteriitis, die schmerzhafte Entzündung der Kopfarterien an der Schläfe (A. temporalis, A. cranialis). Dabei verdicken sich die Wände der Blutgefäße, wodurch der Blutfluss behindert wird. Es droht ein Infarkt. Auslöser dieser Erkrankung ist offensichtlich das Varicella-Zoster-Virus, bekannt als Verursacher von Windpocken.
Die Riesenzellarteriitis ist eine systemische (den gesamten Körper betreffende) Gefäßentzündung (Vaskulitis), die vor allem bei älteren Menschen die Schläfenarterien befällt. Die Mehrzahl der Patienten klagt über starken, bohrend-stechenden Kopfschmerz, der sich bei Mundbewegungen (Kauen) verstärkt. Auch die Kopfhaut reagiert auf Berührungen schmerzsensibel. Rund ein Drittel der Patienten erleidet eine plötzliche und massive Sehbeeinträchtigung, bis zum Erblinden.
Die Arterien an den Schläfen, gewöhnlich durch das leichte Pulsieren gut zu ertasten, sind im Akutfall oft pulslos und verdickt. Häufig treten auch Muskelschmerzen, Fieberepisoden, Gewichtsabnahme sowie chronische Abgeschlagenheit und Müdigkeit auf. Bisher war unbekannt, welche Infektion diese Entzündungsreaktion auslöst – nun ist der Verursacher identifiziert: Windpockenviren (Varicella Zoster).
Dass diese Viren auch nach dem Ausheilen der vermeintlichen Kinderkrankheit Unheil anrichten können ist schon lange bekannt. Auch die hartnäckige und schmerzhafte Gürtelrose (Herpes Zoster), deren rötlicher Bläschenausschlag den Rumpf ringförmig umschließt und Betroffene in immer wiederkehrenden Episoden plagt, wird von diesen Viren ausgelöst.
Ähnlich der Gürtelrose sind von der Riesenzellarteriitis vorrangig ältere Menschen betroffen, deren Infektion mit Varicella Zoster Viren womöglich schon Jahrzehnte zurück liegt. Die jährliche Inzidenz (Anzahl der Neuerkrankungen) beträgt etwa 1:100.000. Für Deutschland mit rund 80 Millionen Einwohnern sind dies 800 Neuerkrankungen im Jahr, in Österreich mit 8,5 Millionen Einwohnern rund 85 Menschen, die jedes Jahr neu diagnostiziert werden. Dabei sind Frauen deutlich häufiger betroffen als Männer. Inklusive der bereits seit längerem Erkrankten ist die Prävalenz (Krankheitshäufigkeit) bei 29:100.000.
Für diese Patienten eröffnen sich nun eine neue Therapieoptionen. Derzeit vertrauen Ärzte bei der Behandlung auf kortisonhaltige Präparate, um den Entzündungsprozess zu dämpfen. Nun ist es womöglich sinnvoll, diese Sofortmaßnahme durch eine anit-virale Therapie zu ergänzen.
„Unsere Analyse - die größte, die es bislang gibt - liefert überzeugende Belege dafür, dass sich das Virus bei Menschen über 60 Jahren reaktivieren und eine Riesenzellarteriitis auslösen kann", so die Forscher von der Universität von Colorado in Denver (USA) in ihrem Fazit.
Quellen: Gilden, D. et al. (2015): Prevalence and distribution of VZV in temporal arteries of patients with giant cell arteritis. Neurology, online veröffentlicht am 18.02. 2015. doi: 10.1212/WNL.0000000000001409
Erstellt am 25. Februar 2015
Zuletzt aktualisiert am 25. Februar 2015

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