Medizinische Fachgesellschaften warnen vor künstlicher UV-Strahlung
Vitamin D Mangel nicht im Solarium therapieren
Es ist die Aufgabe eines Arztes festzustellen, ob die Konzentration von Vitamin D3 (Cholecalciferol) im Blut tatsächlich zu niedrig ist. Ein „gefühlter“ Vitaminmangel, der sich allein auf Anzeichen wie Müdigkeit, Nervosität und Konzentrationsprobleme stützt, kann viele Ursachen haben. So sollten solche wintertypischen Beeinträchtigungen des Wohlbefindens nicht ins Solarium, sondern in eine Arztpraxis führen. Zumal die UV-Strahlung auf der Bräunungsliege für die Vitamin D3 Versorgung kaum wirksam ist – da helfen nur Medikamente.
Vitamin D3 wird unter dem Einfluss von Sonnenlicht (insbesondere UV-B-Strahlung, Wellenlänge 315 – 280 nm) in den oberen Hautschichten gebildet. Solarien nutzen jedoch zumeist UV-A-Strahler (380–315 nm), um die Hautbräunung zu stimulieren. Für die Synthese von Vitamin D3 ist die UV-A-Strahlung weitgehend wirkungslos. Eine sommerlich gebräunte Haut garantiert noch keine hinreichende Versorgung mit dem wichtigen Vitamin.
Im mitteleuropäischen Winter steht die Sonne auch zur Mittagszeit nicht hoch genug am Himmel, dass ausreichend UV-B-Strahlung zur Bildung von Vitamin D3 auf die Haut trifft. Im Sommer genügen selbst bei bedeckten Himmel bereits 30 Minuten Sonnenschein bei züchtiger Bekleidung (5% der Körperoberfläche, d.h. Arme und Gesicht frei) zur Vitaminsynthese; im Hochsommer genügen 15 Minuten. Wird ein Sonnenschutzmittel verwendet erhöht sich die notwendige Zeit entsprechend dem verwendeten Schutzfaktor.
Während des Winters wird der Vitamin D3 Vorrat aufgezehrt. Die Halbwertzeit des Vitamins im Blut beträgt wenige Stunden bis Tage; die Konzentration der langfristige Speicherform Calcidiol ( 25(OH)Vitamin D3 ) entspricht dagegen der Versorgung während der letzten drei bis vier Monate. Deshalb wird von Ärzten auch stets der 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel bestimmt, um einen möglichen Vitamin D3 Mangel festzustellen.
Bei einer Vielzahl von Erkrankungen ist dieser Messwert oftmals zu niedrig:
- Typische Knochenverformungen (Rachitis) treten heutzutage hierzulande kaum noch auf
- Brüchige Fingernägel, weiße Flecken im Nagelbett
- Gereiztheit, Nervosität, Konzentrationsschwäche
- Schlafstörungen, Müdigkeit, Antriebslosigkeit, depressive Verstimmung
- Chronischer Kopfschmerz, Spannungskopfschmerz
- Muskelverkrampfungen (Tetanien), Reduzierte Muskelspannung (Muskeltonus), Muskelschwäche
- Herzrhythmusstörungen
- Bluthochdruck, Kardiovaskuläre Erkrankungen, und Koronare Herzkrankheit (KHK) ; das Risiko für einen Herzinfarkt ist deutlich erhöht.
- Rheumatische Erkrankungen, beispielsweise rheumatoide Arthritis oder Lupus erythematodes
- Hautprobleme, beispielsweise Schuppenflechte
- Anfälligkeit für bakterielle Infektionen und Infekte
Die ersten Anzeichen eines Vitamin D Mangels sind Heißhunger auf Süßes und Fettes (Schokolade), allgemeines Unwohlsein und depressive Verstimmungen. Der Schlaf wird alle wenig erholsam empfunden, Betroffene sind tagsüber müde und unkonzentriert, dabei aber zunehmend nervös und gereizt.
Doch genau die selben Symptome können auch auftreten, wenn Menschen bei typischem Winterwetter mehrere Tage nicht ins Freie gegangen sind. Der Entzug von Sonnenlicht und frischer Luft bringt den Melatonin-Serotonin-Hormonhaushalt aus dem Takt und stört so mittelbar den Tag-Nacht-Rhythmus. Die elektrische Beleutung zu Hause oder am Arbeitsplatz reicht dazu nicht aus. Selbst bei bewölktem Winterhimmel ist die Lichtintensität durch die verdeckte Sonne um ein Vielfaches größer, ein Spaziergang zur Mittagszeit kann die innere Uhr wieder justieren. Herrscht über mehrere Tage garstiges Wetter, unterbleibt diese Anpassung. Zunächst fällt das nicht auf, die Befindlichkeitsstörungen schleichen sich unmerklich ein.
Inspiriert durch Zeitschriftenartikel oder Informationen aus dem Internet versuchen Betroffene dann den vermeintlichen Vitamin D3 Mangel im Solarium zu beheben. Praktischerweise kann man dabei den Kontakt zum unwirtlichen Wetter vor der Tür weiterhin meiden. Davor warnen nun 20 Fachorganisationen aus den Bereichen Strahlenschutz, Gesundheit, Risikobewertung, Medizin und Ernährung in einer gemeinsamen Empfehlung (alphabetische Reihenfolge):
- Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Onkologie e.V. (ADO)
- Arbeitsgemeinschaft Dermatologische Prävention e.V. (ADP)
- Berufsverband der Deutschen Dermatologen e.V. (BVDD)
- Bundesamt für Strahlenschutz (BfS)
- Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)
- Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR)
- Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA)
- Deutsche Dermatologische Gesellschaft (DDG)
- Deutsche Gesellschaft für Ernährung e. V. (DGE)
- Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DGKJ)
- Deutsche Krebsgesellschaft e.V. (DKG)
- Deutsche Krebshilfe e.V. (DKH)
- Deutscher Hausärzteverband e.V.
- Deutsches Krebsforschungszentrum (DKFZ)
- European Skin Cancer Foundation (ESCF)
- European Society of Skin Cancer Prevention (EUROSKIN)
- Gesellschaft der epidemiologischen Krebsregister in Deutschland e.V. (GEKID)
- Max-Rubner-Institut (MRI)
- Robert-Koch-Institut (RKI)
- Verband Deutscher Betriebs- und Werksärzte e.V.(VDBW)
„Die gemeinsame Empfehlung ist ein Erfolg für die Verbraucher, die nun bei allen mit UV-Strahlung oder Vitamin D befassten Organisationen einheitliche Ratschläge finden“, erläutert Dr. Thomas Jung, Leiter des Fachbereichs Strahlenschutz und Gesundheit im Bundesamt für Strahlenschutz (BfS). In jedem Fall sollte ein Arzt konsultiert werden, der zunächst den 25(OH)Vitamin-D3-Spiegel bestimmt und dann gegebenenfalls eine Substitution mit Medikamenten verordnet oder geeignete Nahrungsergänzungsmittel empfiehlt.
Quellen: Bundesamt für Strahlenschutz (2014): Konsentierte Empfehlung zu UV-Strahlung und Vitamin D. Pressemitteilung, online veröffentlicht im Dezember 2014
Erstellt am 13. Januar 2015
Zuletzt aktualisiert am 13. Januar 2015

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