Wetter

Wärmende Sonnenstrahlung

von Holger Westermann

Weitgehend wolkenloser Himmel über Mitteleuropa, dazu heiße Luft aus Spanien bewirkt einen deutlichen Temperatursprung. Vielerorts stieg die Thermomerteranzeige innerhalb von 48 Stunden um 15°C, die gefühlte Temperatur nahm sogar noch stärker zu. Besonderes die Strahlungswärme unterstützt die rasante Wärmeentwicklung. Im Juli scheint hierzulande die hoch am Himmel stehende Sonne über viele Stunden nahezu senkrecht auf die Erde – je nach Untergrund erwärmt sich die bodennahe Luft hitzig oder behutsam.

Je nach Oberflächenbeschaffenheit, Farbe und Struktur sowie Material, wird ein Teil der auftreffenden kurzwelligen Strahlung zurück geworfen (reflektiert) und ein Teil in Wärme umgewandelt (absorbiert). Der Anteil reflektierter Strahlung wird als „Albedo“ bezeichnet. Eine Oberfläche mit einer Albedo von 0,3 reflektiert 30 % der einfallenden Strahlung und absorbiert 70 %. Je heller die Oberfläche, desto größer ist ihre Albedo.

Die höchsten Albedo-Werte am Boden werden bei Schnee bis 0,95 erreicht. Aber auch trockener heller Sand strahlt entsprechend einer Albedo zwischen 0,30 bis 0,45 bis zu 45% der kurzwelligen Sonnenstrahlung zurück. Der etwas dunklere Sand der Wüsten liegt nur geringfügig unter diesen Werten. Bei Grasflächen oder Waldgebieten werden immer noch bis zu 20% der einfallenden Strahlung reflektiert. Die geringste Reflexion und somit die größten Absorptionswerte liegen bei Wasser (< 0,1) und in Städten (0,1 - 0,18) durch dunkles Mauerwerk und Straßen vor. Während es beim Wasser dazu führt, dass es sich mit der Sonnenscheindauer erwärmt und somit den Badespaß erhöhen kann, wirkt die stehende Hitze in den Ballungsräumen drückend.

Dennoch ist auch die Wasserfläche von Badeseen ein effektiver Spiegel. Zumeist zieht es die Menschen bei windstillem Hochdruckwetter ans Wasser, die Oberfläche ist dann spiegelglatt. Trifft die Sonnenstrahlung am Nachmittag schräg auf die Wasseroberfläche wird ein Gutteil im selben Winkel zurück geworfen. Die Albedo-Bewertung betrifft nur senkrecht einfallende Strahlung, also den Sonnenschein zur Mittagszeit. Auch in Städten steigert die Reflexionsstrahlung oftmals die gefühlte Temperatur, denn die Mehrzahl der Hauswände ist weiß (oder zumindest hell). Zudem reflektiert glatter Beton die Strahlung sehr viel effektiver als raues Mauerwerk.

Schmücken Wolken den Himmel, wird ein Großteil der Sonnenstrahlung nicht erst am Boden reflektiert. Helle Typen haben ein höheres Reflexionsvermögen, dunkle absorbieren mehr Wärme. Da die Reflexion die Sonnenstrahlung ins Weltall zurück wirft, kühlt die weiße Himmelsdekoration die darunter liegende Landschaft. Cirren (federförmige Eiswolke in großer Höhe) weisen mit Werten zwischen 0,15 und 0,2 die geringste Albedo auf; Stratocumulus (Haufenschichtwolken) erreichen mit bis zu 0,8 die höchsten Werte. Jedoch ist die Albedo bei Wolken sehr variabel. Je nach Flüssigwassergehalt und Tropfengröße in der Wolke kann der reflektierte Anteil deutlich absinken und nur noch um 40% des Durchschnittswertes liegen.

Doch derzeit ist der Himmel weitgehend wolkenfrei. Die Sonnenstrahlung kann in vollem Umfang wirksam werden. Der Boden erwärmt sich kräftig, infolgedessen auch die direkt darüberliegende Luftschicht (thermische Konvektion). Viele Menschen leiden unter der Hitze. Helfen kann ein Abschirmen der Strahlung durch einen Sonnenschirm. Dadurch wird das Aufheizen der Balkon-Terrassen-Strand-Fläche verhindert. Die Strahlung wird an der hellen Schirmoberfläche reflektiert, der Boden bleibt kühl, die Reflexionsstrahlung trifft weder den Menschen noch Gegenstände in seiner Nähe, die als Wärmespeicher wirken könnten.

Nach dem selben Prinzip arbeitet auch sommerlich luftige Kleidung: Sie hält die Strahlung vom Körper fern. Eine breite Hutkrempe verhindert, dass Gesicht und gesichtsnaher heller Stoff von der Sonnenstrahlung getroffen werden – so kann auch keine Reflexionsstrahlung der Kleidung den Schatteneffekt des Hutes zunichte machen.

Grundsätzlich sollte man sich bei intensiver Sonnenstrahlung zumindest zur Mittagszeit vorrangig im Schatten aufhalten. Ideal sind kühle Gemäuer oder schattige Landschaften mit Verdunstungskühle, beispielsweise Wälder – oder man nutzt die geringe Albedo des Wassers und schwimmt, planscht oder döst im durch Absorption der Wärmestrahlung angenehm temperierten Nass.

Quellen:

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Sonnenstrahlung - Wärmequelle oder Wärmequal. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 18.07.2014

Erstellt am 19. Juli 2014
Zuletzt aktualisiert am 19. Juli 2014

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