Wetter
Wetterphänomen Regen
Wie vielfältig Regen fallen kann, erlebten die Menschen in Mitteleuropa während der letzten Wochen: Mal schauerartig verstärkt und gewittrig, mal als lang anhaltender Landregen oder feiner Niesel. Das Wasserdefizit des extrem trockenen Winters und Frühjahrs ist inzwischen weitgehend ausgeglichen. Gartenbesitzer, Landwirte und Winzer aber auch alle Menschen, die auf wohlgefüllte Flüsse und Seen angewiesen sind (Fischer, Bootsvermieter und Wassersportler bis hin zu Kraftwerksbetreibern) können aufatmen. Dabei wird die faszinierende Vielfalt des Phänomens Regen oftmals ignoriert – die Mehrzahl der Menschen hofft schon wieder auf Sonnenschein.
Jeder Regentropfen fängt einmal ganz klein an, als Wolkentropfen. Sichtbare Wolken bestehen aus winzigen Tröpfchen, die so leicht sind, dass sie in der Luft schweben. Im Wasserdampf halten sich vereinzelte Wassermoleküle als Bestandteil der Gasmischung in der Luft; deshalb ist der Dampf (entgegen dem umgangssprachlichen Bild) unsichtbar. In Wolken haben sich Wassermoleküle zu winzigen Tröpfchen zusammengeschlossen, sind also bereits Flüssigkeit und nicht mehr Gasbestandteil. Der Wasserdampf kondensiert zu Tröpfchen, sobald die Luft keine einzelnen Wassermoleküle mehr in der Schwebe halten kann (Sättigungsdampfdruck < Partialdruck).
Wasser verdunstet schon bei Raumtemperatur, sofern die Luft nicht mit Wasserdampf gesättigt ist. Je wärmer die Luft ist, um so schneller bewegen sich die unterschiedlich großen Gasmoleküle, aus denen sie besteht. Dabei kollidieren sie miteinander und schubsen sich gegenseitig an – ähnlich wie Billardkugeln zu Beginn des Snooker- oder Pool-Spiels eines Ungeübten. Das gegenseitige Anschubsen vergrößert den Abstand zwischen den Luftmolekülen (deswegen enthält Warmluft auch weniger Sauerstoff pro m3), erlaubt aber die Aufnahme großer Moleküle, beispielsweise Wasser. Durch das ständige Anstoßen bleiben sie in der Schwebe. Je wärmer die Luft ist, um so größer ist die Bewegungsdynamik und um so mehr Wasserdampf kann sie aufnehmen.
Kühlt die Luft ab, lässt auch die Intensität der Molekülkollisionen nach, die schweren Wassermoleküle folgen der Schwerkraft und fallen zu Boden. Auf diesem Weg treffen sie weitere Wassermoleküle und vereinigen sich mit ihnen zu winzigen Tröpfchen. Dabei wird Wärme frei (Kondensationsenthalpie), die umgebenden Luftmoleküle beschleunigen, ihre Kollisionen werden wieder heftiger, die Wassertröpfchen bleiben in der Schwebe.
Die Kondensation tritt auf, wenn die Luft infolge von Hebung (Aufsteigen in der Atmosphäre) abkühlt. Dafür gibt es in der Natur verschiedene Gründe:
- Strömt die Luft gegen ein Gebirge, so wird sie gezwungen aufzusteigen, um das Hindernis zu überwinden (Orographische Hebung).
- Intensive Sonneneinstrahlung erhitzt den Boden und indirekt auch die direkt darüberliegende bodennahe Luftschicht. Diese erhitzte Luft ist leichter als die umgebende kühlere Luft, eine Warmluftblase steigt auf. Diese Form der Hebung nennen Meteorologen Konvektion.
- Heranziehende Tiefausläufer, schieben entweder kältere Luft unter die vorhandene Warmluft (Kaltfront) oder sie führen an ihrer Vorderseite wärmere Luft heran, die auf vorhandene Kaltluft aufgleitet (Warmfront). In beiden Fällen wird warme feuchte Luft angehoben. Da es mit der Höhe immer kälter wird, kühlt sich die mit Wasserdampf angereicherte Luft beim Aufsteigen ab.
Durch Kondensation können die Wolkentropfen jedoch höchstens die Größe von Nieseltröpfchen erreichen. Damit Regentropfen fallen, müssen sich mehrere Wolkentröpfchen vereinigen. Zwei Modelle bieten plausible Erklärungen für das Regentropfenwachstum an: die Niederschlagsbildung durch Eiskerne (Wegener-Findeisen-Bergeron-Theorie) und die Niederschlagsbildung durch Koaleszenz (Zusammenfließen von Teilchen):
- Ragt eine Wolke in große Höhen (Temperatur < 0°C) bilden sich aus einzelnen Wolkentröpfchen kleine Eiskerne. Auch Staubteilchen, die von einer Wasserhaut umgeben sind, können als Eiskern wirken (Kondensationskerne). In der Wolke werden die kleinen Wolkentröpfchen von den Eiskernen angezogen und vergrößern diese zu Eiskristallen. Die Dichte der Wolkentröpfchen in der Wolke nimmt dementsprechend ab. Der Effekt verstärkt sich, sobald die Eiskristalle deutlich größer und schwerer sind als die Wolkentröpfchen. Beim Herabfallen in der Wolke stoßen sie somit mit kleineren Wolkentropfen zusammen, die sich dann mit den Eiskristallen verklumpen (Koagulation). Fallen nun die Eiskristalle in einen wärmere Atmosphäreschicht (Temperatur > 0°C) schmelzen sie zu Regentropfen, die zu Boden fallen.
- Eine andere Erklärung geht davon aus, dass die Wolkentröpfchen aufgrund ihrer unterschiedlichen Größe einer Hierarchie der gegenseitigen Anziehung folgen. Viele kleinere Wolkentröpfchen verschmelzen mit größeren zu Regentropfen (Koaleszenz) bis diese eine hinreichende Größe erreichen und zu Boden fallen. Ausgangspunkt der unterschiedlichen Startgröße könnte in den Staubpartikeln liegen, die als Kondensationskerne dienen.
Je größer nun die Aufwinde in der Wolke sind, desto größer und schwerer können die Tropfen oder Eiskristalle werden, bevor sie aus der Wolke zu Boden fallen. Sehr große Tropfen können sich im Fallen durch den Luftwiderstand so stark verformen, dass sie zerplatzen. Es gibt daher, je nach Fallhöhe der Tropfen, eine maximale Größe. Normale Regentropfen erreichen einen einen Durchmesser von 0,2 bis 3 Millimeter. In Schauerniederschlägen können die Tropfen maximal 5 bis 6, bei Gewittern in wenigen Fällen auch bis 8 Millimeter groß werden. Hier kommt den Tropfen zu Gute, dass sie einen Großteil ihres Weg aus den Wolken zum Boden als Eiskristalle zurücklegen und erst kurz vor dem Aufschlagen vollständig getaut sind. Hagel kann erheblich größere „Tropfen“ bilden als Regen.
Quellen: Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Regen - Lebenswichtiges Elixier mit zerstörerischer Kraft. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 13.07.2014
Mag.rer.nat. Michael Tiefgraber: Einfach nur Wetter. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 14.07.2014
Erstellt am 15. Juli 2014
Zuletzt aktualisiert am 15. Juli 2014

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