Grelles Licht, bizarre Form, gefährliche Schönheit vor schwarzem Himmel

Gewitter mit Blitzen und Getöse

von Holger Westermann

Blitze sind elektrische Entladungen, die mit Donner aus den Wolken zu Boden zucken. So die landläufige Ansicht – sie ist oft richtig, aber nicht vollständig korrekt. Die Mehrzahl der Blitze entlädt sich zwischen Wolken, oft auch zwischen den Etagen einer Wolke, und erreicht den Boden gar nicht. Andererseits können Blitze auch vom Boden ausgehend in die Wolke einschlagen (Erde-Wolke-Blitz).

Gewitter entstehen hierzulande vornehmlich im Sommer. Durch die starke Sonneneinstrahlung erwärmt sich mancherorts die bodennahe Luft sehr stark. Dabei kann sie auch große Mengen Wasserdampf aufnehmen, die absolute Luftfeuchte nimmt rasant zu. Die wärmere und daher auch leichtere Luft steigt als Warmluftblase auf und kühlt sich in höheren Atmosphäreschichten ab. Ab einer bestimmten Temperatur kondensiert der Wasserdampf und es bilden sich Quellwolken. Verläuft dieser Prozess aufgrund intensiver Sonneneinstrahlung sehr dynamisch sind die meteorologischen Voraussetzungen gegeben, dass ein Cumulonimbus (Cb, Gewitterwolke) entsteht. In der Gewitterwolke herrschen starke Aufwinde, die verhindern, dass kleinere Regentropfen aus der Wolke nach unten fallen. Erst wenn die Tropfen groß und somit schwer genug sind, können sie den Weg in Richtung Boden antreten.

Durch die Aufwinde und die ungleiche Verteilung von Eis und Wasser in der Wolke sowie weitere Prozesse entstehen Räume mit unterschiedlichen Ladungen. Der obere Teil des Cumulonimbus ist normalerweise positiv geladen und der untere negativ. Durch einen Blitz wird diese elektrische Spannung (oftmals mehrere 10.000.000 Volt) abgebaut. Deshalb die häufigen Blitze innerhalb der Wolken.

Schlagen die Blitze zum Erdboden durch, geht ihnen zumeist ein schmaler Leitblitz voraus. Wenn die Feldstärke der Spannung zwischen Boden und der Wolkenunterseite einen kritischen Wert überschreitet, bewegen sich aus der Wolke negative Ladungsträger in Sprüngen von einigen 10 Metern Richtung Erdoberfläche. Die mittlere Geschwindigkeit solcher Leitblitze beträgt etwa 1/20 der Lichtgeschwindigkeit, also rund 15.000 km/s (54.000.000 km/h). Es entsteht in der Luft ein dünner ionisierter Kanal, der zumeist schon die typischen Verzweigungen eines Blitzes aufweist.

Nähern sich die negativen Ladungsträger des Leitblitzes der Erdoberfläche, konzentrieren sich dort positive Ladungsträger – dem negativen Wolken-Erde-Leitblitz schlägt ein Erde-Wolken-Blitz mit positiver Ladung entgegen. Diese Fangentladungen gehen dabei meist von erhöhten Punkten wie Hausdächern oder Bäumen aus. Treffen nun die unterschiedlichen Ladungen aufeinander, kommt es zum elektrischen Überschlag, bei dem der Blitzkanal geschlossen wird. Nachfolgend bewegen sich die Ladungsträger (positiv und negativ) entlang des Blitzkanals zur Wolke. Der Blitzkanal bleibt dabei schmal, der Durchmesser wird nicht weiter als 12mm.

Ist der Blitzkanal geschlossen bewegen sich große Ladungsmengen entlang des durch den Leitblitz ionisierten Kanals, der Strom kann über 100 kA betragen. Vier bis fünf solcher Hauptentladungen bilden einen Blitz, der etwa 30 µs (0,00003s) andauert. Durch den Stromfluss heizt sich der Kanal sehr stark auf, bis zu 30.000°K (rund 29.727°C). Dabei wird Luft ionisiert wodurch sich deren Leitfähigkeit nochmals erhöht, was wiederum den Strom verstärkt. Der Ladungstransport beschleunigt sich selbst, bleibt dabei aber auf den dünnen Kanal des Leitblitzes (inklusive seiner Verästelungen) begrenzt. Die sehr schnell und stark erhitzte Luft dehnt sich explosionsartig aus, akustische Schockwellen entstehen, es donnert.

Das erhitzte Plasma (ionisierte Luft) kühlt bei der Ausdehnung rasant ab, geladene Teilchen vereinigen sich zu elektrisch neutralen, die Leitfähigkeit geht zurück, der Blitzkanal verschwindet. Das Feuerwerk am Himmel ist vorbei, nur der Donner bleibt als Nachhall. Je nachdem wie weit entfernt der Blitz nieder (oder aufwärts) ging, können bis zu 15 Sekunden zwischen Blitz und Donner liegen. Der Schall legt etwa 1km in 3s zurück (340m/s) und das Donnern wird hierzulande rund 5km weit wahrgenommen. Darüber hinaus ist nur ein dumpfes Grummeln in der Atmosphäre zu hören, das keinen einzelnen Blitzereignissen mehr zugeordnet werden kann.

Trifft ein Blitz auf den Boden verschwindet die Ladung nicht, sondern verbreitet sich am Einschlagpunkt weiter. Es entstehen Fulgurite (lat. fulgur = Blitz), auch Blitzverglasung, Blitzsinter, Blitzröhren genannt. Durch die hohe Temperatur der Ladungsteilchen schmilzt das Gestein. Nach dem Abkühlen ist in Felsfulguriten der Blitzverlauf als Verfärbung im Gestein zu erkennen. Besonders bizarr sind Sandfulgurite, die oftmals vom Wind (oder von fleißigen Geologen) freigelegt werden. Im Sand kann sich die Ladung frei verteilen. Entlang des Blitzkanals verschmelzen die Sandkörner zu einer oft mehrere Meter langen Röhre mit etwa 2cm Durchmesser, die innen glatt und außen grobkörnig ist.

Für wetterempfindliche Menschen sind Gewitter wegen der vorausgehenden Schwüle und der abrupten Abkühlung bei Regen oftmals sehr belastend. Der rasche Wechsel der gefühlten Temperatur schwächt Herz und Kreislauf; wenn an Sommertagen bei hoher Luftfeuchte der Schweiß die Haut hinab rinnt ohne zu kühlen und es dann nach Gewitterregen und heftigen Windböen merklich kühler wird. Manche meinen auch die elektrische Spannung in der Luft zu spüren. Sie reagieren auf Gewitterfronten mit innerer Unruhe und Konzentrationsproblemen. Doch zumeist ist nicht die Dynamik der Ladungsträger ursächlich, sondern die raschen Wechsel der Beleuchtung (schwarze Wolkentürme vor blauem Himmel) und aufkommende Windböen sowie die Erfahrung, dass Gewitter auch Unheil bedeuten können, führen zu Nervosität und innerer Anspannung. Dagegen lässt sich etwas unternehmen: Man freue sich auf die erfrischende Abkühlung nach der sommerlichen Schwüle.

Quellen:

Dipl.-Met. Lars Kirchhübel: Blitze - Ein schönes aber auch gefährliches Naturphänomen. Thema des Tages, Newsletter des Deutschen Wetterdienstes (DWD) vom 12.04.2014

Erstellt am 24. April 2014
Zuletzt aktualisiert am 24. April 2014

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