Übereifer bei der Bluthochdrucktherapie kann ins Auge gehen
Zu niedriger Blutdruck ist fürs Auge ebenso gefährlich wie zu hoher
Der grüne Star (Glaukom), ist die zweithäufigste Ursache, dass Menschen in Deutschland ihr Augenlicht verlieren. Eine halbe Million Patienten wissen von ihrer Erkrankung und werden erfolgreich therapiert, doch ebensoviele Menschen sind ahnungslos, 50.000 Betroffene sind bereits erblindet. Auf dem 35. wissenschaftlichen Kongress der Deutschen Hochdruckliga „Hypertonie Köln 2011“ nennt Prof. Dr. Carl Erb von der Augenklinik am Wittenbergplatz, Berlin die arterielle Hypertonie (Bluthochdruck) als eine der wichtigsten Ursachen für die schleichend fortschreitende Schädigung des Sehnervs. Doch offensichtlich schädigt auch zu niedriger Blutdruck Netzhaut und Sehnerv.
Seit langem ist bekannt, dass sich bei Bluthochdruck die feinen Adern in der Netzhaut verändern. Unterstützt durch einen individuell leicht erhöhten Augeninnendruck kann der Sehnerv unwiederbringlich beschädigt werden. Ist es deshalb sinnvoll den Blutdruck so schnell und so weit wie möglich zu senken?
Nein, denn ebenso wie ein Blutdruck über 120 mmHg (systolisch, oberer Wert) ist auch ein Wert unterhalb von 50-70 mmHg (diastolisch, unterer Wert) riskant. In Tierexperimenten konnte nachgewiesen werden, dass ein Blutdruck unter 60 mmHg die Aktivität der inneren Nervenzellen der Netzhaut (Ganglienzellen) hemmt. Prof. Dr. Burkhard Weisser von Institut für Sport und Sportwissenschaften der Universität Kiel fordert daher die Hausärzte und Internisten auf, bei Bluthochdruck-Patienten mit Netzhaut- und Sehnervproblemen die Medikamententherapie so zu wählen, dass der Blutdruck Schritt für Schritt dem Idealwert von 130/75 mmHG (systolisch/diastolisch) gesenkt wird. Ein abruptes Absenken könne für die Patienten mehr Schaden als Nutzen bedeuten. Aber auch die Patienten sind gefordert: Unregelmäßige Einnahme der verordneten Medikamente provoziert unnötige und gefährliche Extremwerte, zu hohe ebenso wie zu niedrige. Übergroße Blutdruckschwankungen aber schädigen die Netzhaut, das sollten die Patienten im eigenen Interesse vermeiden.
Für Menschen mit zu niedrigem Blutdruck ist ein Tagesprofil der Blutdruckwerte deshalb ebenso wichtig wie für die Bluthochdruck-Patienten. Nur gilt es hier die Ausreißer nach unten, insbesondere das extreme Absinken des Blutdrucks im Schlaf, sogenannte „Dipping“ zu identifizieren. Dipping-Werte unter 60 mmHg können die Augen nachhaltig schädigen, ohne dass davon sofort etwas bemerkt würde.
Quellen:
Gessner, C. (2012): Glaukom: 24-Stunden-Blutdruck messen! Nicht nur hohe Werte sind gefährlich, auch niedrige treiben die Erblindung voran. Medical Tribune 47(1/2): 13.
Auch niedriger Blutdruck kann das Augenlicht kosten. Glaukom-Patieten nicht zu streng einstellen! Medical Tribune 47(1/2): 1.
Erstellt am 13. Januar 2012
Zuletzt aktualisiert am 13. Januar 2012
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